Krananlagen: Dokumentation & Prüffrist‑Basics
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Krananlagen: Dokumentation & Prüffrist‑Basics
In vielen Unternehmen bestehen heterogene Dokumentationslandschaften, uneinheitliche Prüfpraxen und gewachsene Abläufe ohne klare Rollen-, Verantwortungs- und Nachweisstruktur. Typische Defizite sind unvollständige oder verstreute Unterlagen (Prüfberichte, Betriebsanleitungen, Konformitätsdokumente), uneinheitliche oder pauschale Prüffristen ohne belastbare Risikobewertung, unklare Schnittstellen zwischen Betreiberverantwortung, befähigter Person, Instandhaltung und Arbeitsschutz und fehlende Integration in digitale FM-/CAFM-Systeme mit entsprechendem Fristen- und Mängelmanagement. Diese Lücken gefährden die Rechtssicherheit, erhöhen Ausfall- und Unfallrisiken und führen zu ineffizienter Ressourcenbindung.
Nachweispflichten und Prüfintervalle bei Krananlagen
- Prüfzyklen Prozessintegration
- Interne Dokumentation Archivierung
- Interne externe Instandhaltung
- Grundsätze der Dokumentation
- Prüfbuch und Prüfakte
- Herstellerbezogene Dokumentation
- Inbetriebnahme Prüfunterlagen
- Gefährdungsbeurteilung Kranbetrieb
- Betriebsanweisungen Kranbetrieb
- Umbau- und Änderungsnachweise
- Freigabe Sperr Eskalationsdokumente
- Dokumentenlenkung im Betrieb
Integration der Prüfzyklen in Betriebs-, Safety- und QM-Prozesse
Jahresplanung und Rollierende Feinplanung
Jahresübersicht mit allen wiederkehrenden Prüfungen je Anlage (inkl. Prüffrist-Historie und geplanten Stillständen).
Rollierende 12-Wochen-Planung zur Feinabstimmung mit Produktion/Logistik; frühzeitige Material- und Personaldisposition.
Operative Ablaufsteuerung
Arbeitserlaubnis/Permit-to-Work und Lockout/Tagout (LOTO) vor Prüfungen/Instandsetzungen.
Übergabe- und Rückgabegespräch zwischen Anlagenverantwortung, Prüfer und Instandhaltung; klare Definition von Prüfumfang, Grenzbedingungen und Abbruchkriterien.
Risikobasierte Fristensteuerung
Aus der Gefährdungsbeurteilung abgeleitete Grundintervalle; Anpassung an Nutzungsprofil, Umgebungsbedingungen und Schadenshistorie.
Ereignisgesteuerte Prüfungen nach außergewöhnlichen Vorkommnissen (Überlast, Kollision, Wassereintritt, Brand, Umbau).
Safety-Management
Verankerung der Betriebsanweisungen und Unterweisungen im jährlichen Unterweisungsplan; Dokumentation der Teilnahme und Wirksamkeitskontrollen (Beobachtungen, Kurztests).
Melde- und Eskalationswege bei Mängeln, Beinaheereignissen und Unfällen; Ursachenanalyse und Maßnahmenverfolgung (Root Cause, CAPA).
Prüfakte/Prüfbuch pro Anlage
Stammdaten: eindeutige Anlagen-ID, Standort, Baujahr, Hersteller/Seriennummer, Duty Class/Lastdaten.
Konformitäts- und Herstellerunterlagen: Konformitätserklärung, Betriebs-/Instandhaltungsanleitungen, Abnahmeprotokolle, Lastprobennachweise.
Gefährdungsbeurteilung: aktuelle Version, Änderungs-/Freigabestand, Maßnahmenliste.
Prüfberichte: wiederkehrend und anlassbezogen mit Mängelklassifizierung, Auflagen, Freigabe-/Sperrvermerken, Unterschrift der befähigten Person.
Mängel- und Maßnahmenverfolgung: Tickets/Arbeitsaufträge, Termine, Verantwortliche, Abschlussnachweise (inkl. Funktionsnachweis).
Unterweisungs- und Beauftragungsnachweise: Kranführer/Anschläger, besondere Betriebsarten.
Änderungs-/Umbauakten: Dokumentation der Änderungen, Bewertung „wesentliche Veränderung“, Prüf- und Freigabenachweise.
Dokumentenlenkung
Versionierung mit Änderungsdienst (wer, was, wann, warum), Gültigkeitsstatus (Entwurf/freigegeben/archiviert).
Rollenbasierte Zugriffsrechte, Nachvollziehbarkeit von Bearbeitungen (Audit-Trail), revisionssichere Ablage und Backups.
Aufbewahrung: lebenszyklusbegleitend; nach Außerbetriebnahme gemäß betrieblichen, versicherungs- und haftungsrechtlichen Fristen weiter archivieren. Einheitliche Lösch- und Archivkonzepte festlegen.
Interne Instandhaltung
Kompetenzen, Werkzeuge und Ersatzteilverfügbarkeit sicherstellen; Kalibrierung relevanter Messmittel nachweislich.
Klare Grenzen: sicherheitsrelevante Eingriffe (z. B. Bremseinstellungen, Seilwechsel) nur durch qualifiziertes Personal und mit anschließender Prüfung/Freigabe.
Die Dokumentation bildet die rechtliche und technische Nachweisbasis für den sicheren Betrieb stationärer Krananlagen. Sie erfüllt drei Funktionen:
Rechtssicherheit: Nachweis der Erfüllung von Betreiberpflichten (BetrSichV/TRBS, DGUV) und der Einhaltung von Herstellerangaben.
Technische Rückverfolgbarkeit: Nachvollziehbare Historie von Prüfungen, Mängeln, Maßnahmen, Änderungen und Freigaben.
Steuerung und Lernen: Grundlage für risikobasierte Prüffristen, vorbeugende Instandhaltung, Lessons Learned.
Leitlinien:
Vollständigkeit: Alle Pflichtunterlagen pro Anlage gebündelt in einer Prüfakte.
Aktualität: Versionierte, freigegebene Dokumente; veraltete Stände eindeutig archiviert.
Nachweisfestigkeit: Manipulationssichere Ablage, eindeutige Zuordnung zu Anlage, Datum, Verantwortlichen.
Einheitlichkeit: Einheitliche Benennungen, Nummerierungen, Dateiformate und Ablagestruktur; klare Freigabeprozesse.
Stammdatenblatt
Anlagen-ID (eindeutig), Bezeichnung, Standort (Werk, Halle, Achsenfeld), Hersteller, Baujahr, Seriennummer.
Krantyp (Brücken-, Portal-, Schwenkkran), Hubwerktyp (Seil/Kette), Nenntraglast, Duty Class/FEM-Klasse.
Kranbahn-/Schienendaten (sofern relevant), Spannweite/Ausladung, Hubhöhe, Steuerungsart.
Rechtsgrundlagen/Normenbasis (Herstellerangaben, z. B. EN 15011, EN 14492-2, EN 60204-32).
Hersteller- und Konformitätsunterlagen
EU-/EG-Konformitätserklärung (bzw. Einbauerklärungen bei Teilsystemen).
CE-Kennzeichnungsnachweis (Foto/Protokoll), Risikobeurteilung des Herstellers (sofern verfügbar).
Betriebs- und Instandhaltungsanleitungen inkl. Ersatzteillisten, Schmierpläne, Einstellwerte.
Abnahme- und Inbetriebnahmedokumente
Montage- und Installationsprotokolle, elektrische Prüfprotokolle, Erdungs-/Schutzleiterprüfung.
Funktionsprüfung, Endschalter-/Überlastschutz-Einstellungen, Not-Halt-Funktion.
Lastprobendokumentation (statisch/dynamisch nach Hersteller-/Normvorgaben), Probelauf.
Erstprüfung durch zur Prüfung befähigte Person mit Freigabevermerk.
Gefährdungsbeurteilung (TRBS 1111)
Aktueller freigegebener Stand inkl. Maßnahmen- und Verantwortlichkeitsliste.
Protokoll der Wirksamkeitskontrolle und Änderungsverfolgung (Version, Datum, Freigeber).
Prüfberichte (wiederkehrend und anlassbezogen)
Checklistenbasierte Protokolle mit Befunderhebung, Messwerten (z. B. Seildurchmesser, Kettenlängung, Bremsweg), Fotodokumentation.
Bewertung des sicheren Zustands, Mängelklassifizierung, Auflagen, Sperr-/Freigabeentscheidung.
Mängel- und Maßnahmenmanagement
Mängelregister mit eindeutiger ID, Schweregrad, Frist, Verantwortlichem, Maßnahmenstatus.
Nachweise der Mängelbeseitigung (Arbeitsberichte, Prüf-/Funktionsnachweis).
Unterweisung und Beauftragung
Betriebsanweisungen (gültiger Stand).
Unterweisungsnachweise (Teilnehmer, Inhalte, Datum, Unterschriften).
Beauftragungen von Kranführern/Anschlägern.
Umbau-/Änderungsdokumentation
Änderungsanträge, technische Beschreibung, Pläne/Schaltpläne „as-maintained“.
Bewertung der wesentlichen Veränderung, Prüf- und Freigabenachweise nach Änderung.
EU-/EG-Konformitätserklärung
Identifikation der Maschine/Teilsysteme, angewandte Richtlinien (z. B. Maschinenrichtlinie/Verordnung, EMV, ggf. Niederspannung) und harmonisierte Normen.
Name/Adresse des Herstellers, Bevollmächtigter, Ausstellungsdatum, Unterschrift.
CE-Kennzeichnung
Sichtprüfung und Fotodokumentation der CE-Plakette, Abgleich mit Konformitätserklärung.
Einbauerklärungen
Bei teilfertigen Maschinen (z. B. Hubwerk) inklusive Montageanweisungen; Integratornachweis zur Gesamt-Konformität.
Betriebs- und Instandhaltungsanleitungen
Vollständige Sprachfassung, sicherheitsrelevante Warnhinweise, Instandhaltungspläne, Prüfanweisungen, Grenzwerte (z. B. Ablegekriterien).
Schalt- und Hydraulikpläne, Stücklisten, Parametrierlisten (Steuerung/Frequenzumrichter).
Die formale Übernahme in den Betriebszustand erfolgt dokumentiert und nachvollziehbar:
Montage- und Installationsnachweise
Mechanische Montageprotokolle (Drehmomente, Justagen), Schienen-/Kranbahnprüfung und Geometrieprotokolle.
Elektrische Inbetriebnahmeprüfungen nach einschlägigen Normen (u. a. EN 60204-32), Messprotokolle, Schutzmaßnahmen.
Funktions- und Sicherheitsprüfung
Test der Bewegungsachsen (Hub, Katzfahrt, Kranfahrt/Schwenken), Endschalter, Not-Halt, Überlastbegrenzung, Fahrwegüberwachung.
Prüfung der Anzeige-/Warneinrichtungen, Signale, Beleuchtung, ggf. Wind-/Wettersensorik.
Lastproben und Probelauf
Durchführung gemäß Hersteller-/Normvorgaben; Dokumentation von Messwerten (Bremsweg, Haltevermögen, Schlupf), Beobachtungen (Schwingungen/Pendeln).
Erstprüfung durch befähigte Person
Vollständigkeitskontrolle der Unterlagen, Sichtung der Montage-/Prüfprotokolle, eigenständige Prüfung und Freigabevermerk „für den sicheren Betrieb“.
Die Gefährdungsbeurteilung ist die normative Drehscheibe für Prüffristen, Schutzmaßnahmen und Betriebsorganisation. Empfohlene Struktur:
Beschreibung des Arbeitsmittels und des Einsatzszenarios
Krantyp, Tragfähigkeit, Duty Class, Bewegungsachsen, Lastkollektive, Arbeitsbereich/Lastwege, Schnittstellen (Verkehrswege, Produktionslinien).
Ermittlung der Gefährdungen
Mechanische Gefährdungen: Quetsch-/Scherstellen, Lastabsturz, Seil-/Kettenversagen, Kollisionen, Pendeln.
Elektrische Gefährdungen: Berührung, Isolationsfehler, unzulässige Spannungen.
Umwelt-/Betriebsbedingungen: Temperatur/Feuchte, Korrosion, Wind (Portale), Schmutz, Chemikalien, ggf. Ex-Zonen.
Organisatorische/ergonomische Aspekte: Sichtverhältnisse, Kommunikation/Signale, Anschlagprozesse, Qualifikation/Unterweisung.
Besondere Lastfälle: exzentrische Lasten, schlupfgefährdete Lastaufnahmen (Magnet/Vakuum), Mehrstranganschlag.
Risikobewertung
Einschätzung von Eintrittswahrscheinlichkeit, möglicher Schadensschwere, Expositionsdauer; Priorisierung.
Maßnahmenableitung
Technisch: Endschalter, Überlastschutz, Not-Halt, Begrenzungen, Schutzbereiche, Sensorik.
Organisatorisch: Verkehrslenkung, Sperrzonen, Funkdisziplin/Handzeichen, Freigabeprozesse, LOTO.
Personenbezogen: Unterweisung, Beauftragung, arbeitsmedizinische Eignung, PSA bei Arbeiten am Kran.
Prüfkonzept und Prüffristen
Herleitung der Intervalle in Abhängigkeit von Nutzungsprofil, Duty Class, Umgebungsbedingungen und Schadenshistorie.
Festlegung von Prüftiefe und -methoden (inkl. z. B. ergänzender zerstörungsfreier Seilprüfung, wenn risikobasiert geboten).
Betriebsanweisungen (anlagen- und tätigkeitsbezogen)
Zielgruppe: Kranführer, Anschläger, Instandhaltung.
Inhalte: Bedienablauf, zulässige Betriebsarten, Traglastdiagramme/Deratierungen, Auswahl und Einsatz von Lastaufnahmemitteln/Anschlagmitteln, Sperrbereiche, Kommunikation/Signale, Verhaltensregeln bei Störungen, Notfallmaßnahmen.
Form: verständlich, bebildert, an den Einsatzort angepasst; Aushang in der Nähe des Krans; Verweis auf DGUV-Informationen (z. B. 209-013).
Unterweisungsmanagement
Plan: jährliche Unterweisungen, anlassbezogen (nach Umbau, Unfall, Regelwerksänderung).
Nachweise: Teilnehmerliste, Datum, Inhalte, Unterweisende/r, Verständnisprüfung (Kurztest/Praktikumsnachweis), Gültigkeit.
Beauftragung: schriftliche Bedienberechtigung für Kranführer/Anschläger mit Gerätespezifikation, ggf. Einschränkungen.
Änderungen am Kran oder seinem sicherheitsrelevanten Umfeld sind kontrolliert zu managen (Management of Change):
Änderungsantrag und -beschreibung
Anlass, Ziel, betroffene Komponenten/Funktionen, technische Unterlagen (Zeichnungen, Schaltpläne, Stücklisten), Risikobetrachtung.
Bewertung „wesentliche Veränderung“
Prüfkriterien: Leistungsänderungen (Tragfähigkeit, Geschwindigkeit), Eingriffe in Sicherheitsfunktionen/Steuerung, Strukturänderungen, neue Betriebsarten.
Referenz: einschlägige Leitfäden/Interpretationen und TRBS-nahe Hilfsmittel zur Beurteilung.
Nicht wesentlich: Dokumentation der Änderung, Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung und Betriebsanweisungen, anlassbezogene Prüfung/Funktionsnachweis.
Wesentlich: Durchführung einer (Neu-)Konformitätsbewertung für die Gesamtheit, CE-Kennzeichnung, neue Konformitätserklärung; vollständige Abnahme inkl. Lastproben.
Freigabe-, Sperr- und Eskalationsdokumente
Sperrvermerk/Sperrschein
Anlass, betroffene Anlage, Datum/Uhrzeit, auslösende Mängel, Verantwortliche, Kommunikationskette.
Versionierung und Freigabe
Rollen: Ersteller, Prüfer, Freigeber; Vier-Augen-Prinzip bei sicherheitsrelevanten Dokumenten.
Versionskennzeichnung in Dateiname und Dokumentkopf, Änderungsverfolgung (wer/was/wann/warum).
Aufbewahrung
Lebenszyklusbegleitende Aufbewahrung aller Kerndokumente; nach Außerbetriebnahme Archivierung gemäß betrieblichen, haftungs- und versicherungsrechtlichen Vorgaben.
Sicherung: regelmäßige Backups, georedundante Ablage, Zugriffsschutz.
Zugriff und Datenschutz
Rollenbasierte Berechtigungen, Nachvollziehbarkeit (Audit-Trail), Schutz personenbezogener Daten (Unterweisungsnachweise).
Schnittstellen zu CAFM/DMS
Metadatenfelder: Anlage, Dokumenttyp, Version, Gültig-ab/bis, Freigabestatus, Verantwortliche, Prüffristen.
Automatisierte Erinnerungen an Prüftermine, Maßnahmenfristen und Unterweisungsfälligkeiten.
Verlinkung strukturierter Daten (Mängelregister, Messwerte) mit den Primärdokumenten.Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung. Vielen Dank vorab.
